Projektbesuch Ecuador 2018

Im April 2018 besuchte unser Vereinspräsident Daniel Kopp die Projekte in Ecuador. Wir freuen uns, Sie nun mit einem persönlichen Bericht und Fotos nachträglich auf seine Reise nach Ecuador mitzunehmen.

 

"Nach Aufenthalten in Bolivien und Peru treffe ich Anfang April für einen fünftägigen Besuch bei Cisol in Loja ein. Am ersten Tag besichtigen wir ein Projekt Cisols in der Provinz Zamora-Chinchipe. 2 Autostunden von Loja entfernt, in tropisch warmen Gefilden, unterstützt Cisol mit zwei pädagogisch geschulten Sozialarbeitern die ländlichen Gemeinschaften. Wir begleiten Juan zu einem Workshop in einer Schule, die hauptsächlich von Indigenen der Shuar-Community besucht wird, einer Minorität, die in Ecuador besonders marginalisiert ist. Heute geht es um die Frage der eigenen Identität: Worüber identifizieren wir uns? Was sind unsere Fähigkeiten? Was konstituiert uns als Gemeinschaft? Die Siebtklässler diskutieren zunächst in Gruppen und dann in der gesamten Klasse. Eines der Ziele des Workshops ist es, den marginalisierten Jugendlichen Selbstwertgefühl zu vermitteln indem der Wert der indigenen Kultur hervorgehoben wird. Dies scheint zu funktionieren: Eine Gruppe von SchülerInnen entscheidet spontan, den Besuchern aus der Schweiz einen traditionellen Shuar-Tanz vorzuführen, der im letzten Herbst anlässlich des 40-Jahr Jubiläums von Cisol eingeübt wurde. Eine eindrückliche und berührende Demonstration des neu aufgebauten indigenen Selbstwertgefühls. Nach dem Workshop geht es mit Juan zurück zu Cisols Bibliothek im grössten Ort der Provinz. Dorthin kommen die Kinder und Jugendlichen für Internetrecherchen, um Hausaufgaben zu lösen oder um Spiele zu spielen. Die Sozialarbeiter teilen ihre Zeit je hälftig zwischen der Bibliothek sowie den Workshops, die sie zu unterschiedlichen Themen an Schulen oder Gemeinschaftszentren der Region durchführen, auf.

 

An den folgenden Tagen besuchen wir die Schule Educare in Loja und nehmen als stille Beobachter am Unterricht in den verschiedenen Jahrgängen teil: Naturwissenschaft bei den Siebtklässlern, Englisch in der dritten Klasse und die Zweitklässler haben gerade Besuch von zwei Studenten aus dem Konservatorium: Dank einer Kooperation zwischen den beiden Institutionen besuchen StudentInnen der Musikhochschule Cisol und geben einmal pro Woche Musikunterricht in allen Jahrgangsstufen und in den Nachmittagsworkshops. Spielerisch lernen die Kleinen die Tonleiter. Wie bei jedem Besuch der Schule Educare ist der Gast aus der Schweiz auch dieses Mal beeindruckt mit welchem Engagement und mit welcher Empathie die LehrerInnen den Schülern die Materie nahebringen und dabei viel mehr sind als lediglich Lehrpersonen. Vor allem für diejenigen, die aus zerrütteten Familien kommen – und dies sind nicht wenige hier – sind die LehrerInnen auch eine Art Mutter oder Vaterfigur. Wie sehr die SchülerInnen dies schätzen, wird uns am nächsten Tag eindrücklich vor Augen geführt. Anlässlich des „Tages der LehrerIn“ stellen die SchülerInnen selbständig ein Programm mit Tanz-, Gesang- und Theatervorführungen auf die Beine. Auch das Elternkomitee dankt den LehrerInnen mit warmen Worten und roten Rosen für ihre hingebungsvolle Arbeit.

Der Besuch bei der Sozialarbeiterin Nancy zeigt uns aber leider auch, wie traurig die Arbeit bei Cisol manchmal ist: Sie kommt gerade vom Gericht, wo sie eine Anklage gegen die Mutter eines Educare-Schülers platziert hat, der eine Woche zuvor mit zerschlagenem Gesicht und blauen Flecken am ganzen Körper in der Schule erschien. Da Gespräche mit der Mutter nicht gefruchtet haben, bleibt der juristische Weg als einzige Möglichkeit, das Kind vor weiteren Übergriffen zu schützen.

 

Als die Nachmittagsworkshops, an welchen auch viele Kinder von anderen Schulen teilnehmen, bereits geendet haben, sitzt die Lerntherapeutin immer noch in einem der eigens dafür hergerichteten Zimmerchen und gibt den Kindern mit besonderen Lernschwierigkeiten Einzelunterricht. Dies verdeutlich die Stossrichtung von Cisol: Keiner wird hier zurückgelassen. Alle werden nach Massgabe ihrer Bedürfnisse unterstützt.

 

Nach intensiven fünf Tagen mit vielen neuen Eindrücken verlasse ich Loja einmal mehr mit einem Anflug von Stolz, ein – wenn auch nur sehr kleiner - Teil dieses wunderbaren Projektes zu sein. - Daniel Kopp, Vereinspräsident Cisol Suiza